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 Fujifilm SR-CCD Revision 2.0  – 
20 Jahre Fujifilm Finpix S3 Pro und S5 Pro

 Einleitung: Dies ist die Fortsetzung eines ersten Artikels über SR-CCD-Sensoren von Fujifilm für Kompaktkameras. Dieser Ansatz sollte vor 20 Jahren den damals sehr knappen Dynamikumfang von Digitalkamera-Bildsensoren auf das von Analog-Film gewohnte Niveau steigern. Die erste Auslegung für Kompaktkameras war schon in vom Konzept her so fehlerhaft, dass dies nur unter sehr speziellen Umständen funktionierte (effektiv ~ISO12, besser nur im Weitwinkel benutzen, Blende schließen, kein feines Blattwerk vor hellem Hintergrund). Um Umsätze zu retten, wurde der hohe Dynamikumfang weitgehend deaktiviert und die Kamera Finepix F700 als Marketing-Bluff teuer verkauft. Dieser Artikel konzentriert sich auf die zweite Generation dieser Sensoren, welche in den Spiegelrefelexkameras Fujifilm Finepix S3 Pro und S5 Pro verbaut wurde.

  Technischer Hintergrund: Die SR-CCD-Sensoren sollen einen besonders hohen Dynamikumfang durch die Anordnung von zwei Pixelarten auf einem gemeinsamen Sensor erreichen, welche zeitgleich belichtete werden: Es gibt große lichtempfindliche S-Pixel für die Schattenbereiche und kleine unempfindliche R-Pixel für die hellen Bildbereiche. Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Generation liegt in der Auslegung der optischen Komponenten auf dem Bildsensor.

Bei der ersten SR-Sensor-Generation (Finepix F700, F710 und S20 Pro) saßen ein kleiner R- und ein großer S-Pixel unter je einer Mikrolinse. Dies führte dazu, dass die Bilder beide Pixelarten nur in der Schärfenebene übereinander lagen. Im Vor- und im Hintergrund zeigen beide Bilder unterschiedliche Bildinhalte:

Mit der zweiten Generation des Sensors für die DSLR-Modelle Finepix S3 Pro und FinePix S5 Pro bekamen die R-Pixel eigene Mikrolinsen, und „schauen“ damit nun auch beide in die Mitte des Objektivs. 


links: Erste SR-Sensor-Generation aus Finepix F700
rechts: Zweite SR-Sensor-Generation aus Finepix S3 Pro

Das ist eine Grundvoraussetzung für die korrekte optische Funktion eines Sensors mit zwei verschiedenen Pixelarten. Zudem wurde der Belichtungsunterschied zwischen S- und R-Pixel von ungefähr 3,5 Blendenstufen auf ca. 2 Blendstufen reduziert, was Blooming-Effekte der S-Pixel reduziert.
Beide Generationen von SR-Sensoren benutzen für den Großteil des Bildes ihre lichtempfindlichen S-Pixel und fangen mit den R-Pixeln nur lokale Überbelichtung ab. Vorteilhaft ist das in kontrastreichen Situationen, wie z.B. wenn im Wald Sonnenstrahlen durch das Blätterdach fallen. Das relevante Kernthema ist dabei die korrekte Farbwiedergabe auch in hellen Bildbereichen, weil dann eben keiner der drei Farbkanäle (RGB) in die Sättigung geht und eine Farbe nicht "kippt".

Persönliche Motivation: Ich habe mir selbst eine gebrauchte Finepix S3 Pro als Restaurations- und Spielobjekt geholt, um Fotos in super kontrastreichen Situationen (praller Sonnenschein, Blattwerk, …) sowie mit stark defokussierten Hintergrund zu erstellen. Mit einem entsprechenden F1.4er Nikon-F-Objektiv (Sigma 50 mm F1.4 EX) sollte das ein persönlicher Test werden, ob ich mit etwas dem Mittelformat vergleichbarem auskommen würde, ohne gleich die Kosten (und Bildauflösung) einer solchen Kamera zu haben. 

Der beste RAW-Konverter für die S3 Pro ist Adobe Lightroom 5.7.1, da Capture One 23 deutlich weniger Helligkeitsinforma- tionen aus der RAF-Datei heraus kitzeln kann. Nachfolgend ein überbelichtetes Bild, und das, was Adobe LightRoom und Capture One jeweils an Spitzenlichtern rekonstruieren können:


Ein Testphoto. Mit LightRoom 5.7.1 in Standard-Einstellungen entwickelt.


Gleiches Bild mit LightRoom entwickelt. Diesmal -3 EV Belichtungskompensation sowie -100 auf dem Highlight-Regler.


Die gleichen Einstellungen in Capture One 23.

 Alltagsbeobachtungen: Bei meinen privaten Fotos traten dann bei kontrastreichen Bildern (, wo man die R-Pixel benötigt,) speziell bei Blende F1.4 und F2.0 teils seltsame Artefakte im Bokeh der Bilder auf, so dass ich versucht habe, dass mal technisch zu fassen. 
Hier ist erst einmal ein (juristisch unverfängliches) Beispielbild, welches typische Bildartefakte enthält:


Die defokussierten Kerzen weisen zu den Bildrändern jeweils einen dunkel-roten-Streifen auf, welcher dort nicht hingehört. Anklicken zum Vergrößern.

Das ist noch ein recht mildes Beispiel. Das Katastrophenszenario sind helle Punktlichtquellen im Hintergrund, deren zentraler Zerstreuungskreis durch ein Objekt in der Schärfenebene partiell verdeckt wird (z.B. eine Haarsträhne oder einen Finger).

 Technisches Problem: Die Probleme mit SR-CCD-Sensoren treten vor allem vor und hinter der Schärfenebene auf. Zur Prüfung fotografiert man mit der S3 Pro oder S5 Pro mit weit geöffneter Blende, zieht sich mit s7RAW das S- und das (aufgehellte) R-Pixel-Bild heraus und montiert diese übereinander. Nachfolgend ein im Internet gefundene RAF-Datei der S5 Pro. Und siehe da, die Bilder stimmen wieder in der Schärfenebene überein, davor und dahinter nicht. Touché.


Ein Beispielbild von Radojuva. Einmal nur S- und einmal nur die R-Pixel. Letztere mit entsprechender Aufhellung.

Die Problemursache kann durch Aufnahme einer defokussierten Punktlichtquelle in einem dunklen Raum nachgewiesen werden. Das Sigma 50 mm F1.4 war manuell auf 0,45 m fokussiert, die LED-Punktlichtquelle war ca. 2 m von der Kamera entfernt. Und dann wurde eine Blendenreihe aufgenommen (immer 1/4000 s, ISO100). Jedes Bild wurde wieder mittels s7RAW getrennt in S- und R-Pixel entwickelt, auf 1600 Pixel breite skaliert und übereinander montiert:


Defokussierte Punktlichtquelle mit S3 Pro mit Sigma 50 mm EX F1.4 bei Blende 1.4. Einmal ein Ausschnitt aus dem S-Pixel-Bild und dem aufgehellten R-Pixel-Bild.

Die S-Pixel weisen demnach in horizontale Richtung einen verringerten Akzeptanzwinkel auf, so dass die Randstrahlen, welche aus dem Objektiv auf den Sensor fallen, mit zunehmenden Einfallswinkel nur noch gedämpft registriert werden. Damit sind S- und R-Pixel-Bild wiederum vor und hinter der Schärfenebene nicht deckungsgleich und können nicht sauber miteinander verrechnet werden.
Streng genommen sinkt dadurch auch der Empfindlichkeitsunterschied zwischen den S-Pixeln und den R-Pixeln bei großen Blendenöffnungen.

Schließt man die Blende, so ist ab ungefähr Blende 2.8 weitgehend Deckungsgleichheit erreicht, so dass ich in der Praxis keine Probleme feststellen konnte. Ab Blende 4.0 ist sind dann wirklich beider Bilder deckungsgleich.


Defokussierte Punktlichtquelle mit S3 Pro mit Sigma 50 mm EX F1.4 bei Blende 2.8. Einmal ein Ausschnitt aus dem S-Pixel-Bild und dem aufgehellten R-Pixel-Bild.

 Praktische Lösung: Man bekommt das Problem also durch Abblenden bzw. Verwendung von Objektiven mit einer maximalen Blendenöffnung von F2.8 ganz gut in den Griff. Mit dem Sigma 17-50 mm F2.8, dem Nikon 17-55 mm F2.8 und dem Tamron 17-50 mm F2.8 stehen gute Universalzooms zur Verfügung.  Diverse 28-70 mm decken den Portraitbereich sowie 70-200 mm F2.8 den Telebereich ab. Mir sind die Bildartefakte mit dem Tamron 17-50 mm F2.8 nicht mehr untergekommen.

Benötigt man also unbedingt einen total verschwommenen Hintergrund, sollte man statt des 50 mm F1.4 Objektivs dann eben ein 100 mm bei Blende 2.8 benutzen. Mit einem entsprechend verlängerten Arbeitsabstand.

 Positive Nebeneffekte: Die Fujifilm Finepix S3 Pro und S5 Pro werden als Kameras für die Portrait- und Hochzeitsfotografen gerühmt. Das dies trotz des unsäglichen Pufferspeichers über die Kamera gesagt wird, legt nahe, dass die Bilder eine angenehme Anmutung aufweisen. Das liegt meines Erachtens nicht nur an der Hauttonwiedergabe. 

Verwendet man an der S3 Pro oder S5 Pro ein lichtstarkes Objektiv (F1.4 oder F1.8), so bewirkt der in horizontale Richtung eingeschränkte Lichtakzeptanzwinkel der S-Pixel eine Glättung des Bokehs in diese Richtung. Das, was Minolta einst mit dem 135 mm F2.8 [T4.5] STF im Ansatz versuchte, bzw. man durch den Umbau von Objektiven selbst noch besser realisieren kann, erreichen die S3 Pro und S5 Pro in eine Richtung bei sehr lichtstarken Objektiven durch ein verunglücktes Sensordesign. Zumindest sofern man sich auf den „Standard-Dynamik-Modus“ (also nur S-Pixel, ohne R-Pixel) beschränkt.

 Schlussfolgerungen: Im Vergleich zur ersten Generation SR-CCDs sind die Fortschritte bei der S3 Pro  immens. Das Konzept funktioniert mit ein paar Einschränkungen. Will man die R-Pixel mitverwenden, muss man überbelichten, so dass sich eine Basisempfindlichkeit von ISO25 bis ISO50 ergibt. Andererseits ist das Belichtungsmesssystem der S3 Pro (bzw. Nikon F80) so rudimentär, dass man die R-Pixel schon von sich aus als Sicherheitsreserve benötigt.
Der verbliebene Wermutstropfen die Beschränktung auf Objektive mit moderate Blendenöffnungen (F2.8, evtl. F3.3), um die R-Pixel auch nutzen zu können.

Blendet man die niedrige Bildauflösung von nur 6 Megapixel aus und vergleicht die S3 Pro bei ISO100 mit einem modernen CMOS Sensor ähnlicher Größe von Sony, wie z.B. der OM-System OM-1, so ist die S3 Pro bei kontrastreichen Motiven rein von der Bildqualität und dem Dynamikumfang durchaus konkurrenfähig. Nach über 20 Jahren stürmischer Sensorentwicklung ist das schon eine Ansage. Bei so ziemlich allen anderen real wichtigen Dingen wie z.B. der AF-Leistung sowie der Bildfolgerate sieht die S3 Pro natürlich kein Land.

 Spekulation: Fujifilm wurde anscheinend von den Problemen mit der ersten SR-Generation kalt erwischt und musste das Konzept für die S3 Pro schleunigst überarbeiten. Hat die Finepix F700 noch einen CCD-Sensor mit zwei getrennten Auslesepfaden für die S- und R-Pixel (um Blooming zu reduzieren), konnte ich diesen in der S3 Pro nicht mehr nachweisen. Blooming im LiveView („Smear“) tritt dort nur in eine Richtung auf, nicht als Kreuz wie bei der F700. Auch ist die Hotpixel-Neigung der S3 Pro bei weitem geringer, als bei der F700.

Es sieht für mich so aus, als hätte Fujfilm für die S3 Pro für einen konventionellen 12 MP CCD Sensor mit besonders guten Antiblooming-Maßnahmen als Basis benutzt. Hat man einen solchen Sensor als Basis, kann man z.B. mittel einer Dünnschicht-Metallmaske über jedem zweiten Pixel die Pixelfläche verkleinern und die Empfindlichkeit dieser Pixel senken. Würde man ein solches Vorgehen z.B. auf einen modernen CMOS-Sensor von Sony übertragen, könnte man dort den Dynamikumfang nochmal um mehrere Blendenstufen steigern. Für die klassische Fotografie ist dies dies nicht nötig. Jedoch für Anwendungen wie z.B. den Ersatz von PKW-Seitenspiegeln durch Kameras eine möglicherweise sinnvolle Vorgehensweise. 

   Juni 2025